Festplatte runtergefallen

Dem einen oder anderen Anwender ist die Festplatte vielleicht schon mal vom Tisch runtergefallen und nach einem erneuten Anschalten war kein Zugriff auf die Daten mehr möglich. Aber was passiert eigentlich in einer Platte in dem Moment, indem sie auf den Boden fällt oder stürzt ?

Vorab angemerkt - Labore haben es nicht leicht, denn wir sind täglich konfrontiert mit Härtefällen, die mal leichter, jedoch leider immer häufiger wesentlich komplizierter beschädigt sind, als sie es eigentlich sein sollten, wenn die Nutzer bei einem Fallschaden richtig reagieren würden. In solchen Momenten (und ja auch jetzt gerade) fühlt sich der Autor eines Labors wie Don Quichotte, der gegen Windmühlen anschreibt und es scheint in solchen Augenblicken eigentlich fast schon völlig egal was oder wie vehement Du etwas formulierst - Die Mühlen und das hiermit einhergehende Fehlverhalten einiger Anwender drehen sich trotzdem stetig weiter.

Die Festplatte ist runtergefallen - Was ist zu tun ?

Bevor wir dazu kommen Euch zu erklären was bei einem Sturzschaden am besten zu tun ist, müssen wir Euch erklären, warum die Positionierung der Schreib-/ Leseeinheit im Moment des Aufpralls ein wesentlicher Faktor für das Schadensbild ist:

Symbolbild - Frau an einem EDV Arbeitsplatz macht eine ungeschickte Bewegung und die externe Festplatte fällt vom Tisch herunter

Grob betrachtet kennen Festplatten drei Zustände:

  1. An und im Leerlauf ( Platte ist an und wartet auf ein Kommando zum Zugriff auf Daten)
  2. An und Access / Datenzugriff (Festplatte greift auf Daten zu)
  3. Aus

Bei einem Fallschaden oder einer Erschütterung einer Hard Disk sind diese drei Zustände entscheidend für die spätere Rettungschance, denn es ist ein gravierender Unterschied, ob eine Festplatte nach dem runterfallen beim Aufschlag, an, im Leerlauf oder halt aus ist. In all diesen Fällen ist der Schreib-/ Lesekopf unterschiedlich positioniert und hält sich mitunter in vollkommen unterschiedlichen Bereichen über oder neben den Magnetscheiben der Festplatte auf.

Stellen wir uns nun der Einfachheit halber mal so eine Festplatte vor, wie sie so gerade vom Tisch runterfällt und konzentrieren uns exakt auf den Moment des Aufpralls:


1. Festplatte fällt runter, ist angeschaltet und wartet auf Datenzugriff

Immer dann, wenn Ihr Eure Festplatten angeschaltet habt und auf keinerlei Daten zugreift, nennt man diesen Betriebszustand "Idle". Gelegentlich werden Zugriffe auch selbstständig vom Betriebssystem durchgeführt, z. B. wenn temporäre Dateien oder irgendwelche Logs zwischengespeichert werden. In der Regel befindet sich die Schreib-/Leseeinheit in solchen Momenten über dem Master File Table, also der Bereich, der regelt wie Eure Dateien und Ordner heißen und in welchen Adressbereichen die hierzu gehörigen Daten mit der Namensgebung im Master File Table gespeichert und organisiert sind. Über diesen Bereichen wartet er darauf, wo er hin springen soll, um Daten zu lesen oder zu schreiben. Sprich, Ihr ahnt es schon, dieser Bereich klingt irgendwie relevant, da er logischerweise mit am häufigsten benötigt wird und grundsätzlich Bestandteil jeden Datenzugriffs ist.

Bei der plötzlichen Erschütterung, wie dem Herunterfallen einer Festplatte, knallt die Spitze der Schreib-/ Leseeinheit auf den jeweiligen Bereich der Magnetscheiben der unter ihr ist. Die Spitze der Schreib-/ Leseeinheit wird auch als Kopf (engl. Head) bezeichnet und deswegen sprechen wir in solchen Szenarien von einem "Kopfschaden" oder auch "Headcrash". Durch den Kontakt entstehen Beschädigungen:

  • Am Kopf der Schreib- / Leseeinheit bzw. dem Air-Bearing
  • Teile des Kopfes können sich komplett oder nur teilweise lösen
  • Beschädigungen an der Magnetscheibe, bzw. dem Master File Table

Was zunächst mal vielleicht undramatisch klingen mag, ist somit das Schlimmste, was einer Festplatte widerfahren kann. Einer der Hauptgründe, warum Labore immer wieder sagen: "Schaltet die Platte nicht wieder an und kontaktiert ein professionelles Labor" ist nicht in der Tatsache begründet, dass wir damit Geld verdienen wollen. Sie liegt in der Tatsache begründet, dass jedes erneute Anschalten einer Platte, die durch das Herunterfallen einen Schaden erlitten hat, dazu führen kann, dass die betroffenen Flächen auf den Magnetscheiben noch stärker beschädigt werden, als sie es ohnehin schon nach dem Aufprall waren. Je höher die Datendichte / Scheibe, bzw. je höher die Speicherkapazität Eurer Festplatte ist, desto stärker ist der Einfluss auf das spätere Endergebnis.

2. Festplatte runter gefallen, ist angeschaltet und greift im Moment des Aufpralls auf Daten zu

Ähnlich wie bei Punkt 1 verhält es sich mit Platten, die im Augenblick des Aufpralls dabei sind auf Daten zuzugreifen. Die Schäden hierbei befinden sich dann oftmals im Datenbereich und sorgen für fehlerhafte Dateiteile oder nicht rettbare Daten beim Wiederherstellungsversuch. Da die Datenspeicherung und Organisation durch das Betriebssystem geregelt wird und diese niemals gleich ist, ist somit bei einem entsprechenden Schaden komplett unbekannt ob und welche Teile von Dateien in den beschädigten Bereichen liegen und wie stark diese betroffen sind. Um Euch einen ungefähren Einblick in die Dimension zu geben hier mal ein kleines Beispiel, welches die Komplexität und Dimension vor Augen führen soll:

Beispiel anhand einer 12 TB Hitachi Festplatte

"Nimmt man ein einzelnes Rechteck in der Größe 5mm aus einem College-Block und legt es auf die Fläche einer Magnetscheibe innerhalb einer 12 TB Hitachi Platte, dann passen auf dieses Rechteck axial ca. 7.750.000 Sektoren (ca. 3-4 GB an Daten). Das ist eine Menge an Daten und erlaubt einen plastischeren Eindruck in die Dimensionalität von Speicherstrukturen."Martin Eschenberg / CMO bei KUERT

Wer nun die Gegenprobe machen will, ist herzlich eingeladen einen sehr spitzen Bleistift zu nehmen und zu versuchen 7.750.000 Punkte in einem solchen 5mm-Rechteck unterzubringen, ohne dass diese sich überlappen. Kleiner Spoiler: Das wird bei mehreren Hundert und unter Zuhilfenahme einer Lupe bereits ein geradezu unmögliches Unterfangen. Das ist jedoch der Arbeitsbereich eines Labors. Bei einer kostenlosen Analyse wird Euch somit niemand sagen können, ob Eure Daten rettbar sind oder nicht, sie ist einfach nur eine Untersuchung des Schadensbildes und eine Einschätzung, wie erfolgreich der Rettungsversuch sein kann, jedoch keine Einschätzung, ob die Daten die Ihr zwingend zurück benötigt rettbar sind oder nicht. Das geht erst, wenn der Rettungsversuch gestartet wurde und die ohne Probleme durchgelaufen ist.

3. Die Festplatte ist aus, wenn sie auf den Boden fällt

Bester und glücklichster Umstand - Zumindest solange er nicht vom Kunden unbewusst durch zu häufiges Anschalten der Platte versaut wird. In diesem Fall ist die Schreib-/ Leseeinheit in einer Parkposition, je nach Modell und Alter entweder arretiert in einer Kunststoff-Rampe neben den Magnetscheiben oder in einer arretierten Parkposition über den Scheiben. Eine Erschütterung beim Runterfallen kann hierbei im schlimmsten Fall dazu führen, dass Teile der Rampe abbrechen und / oder sich die Köpfe verbiegen oder zum Teil abreißen. In diesen Fällen ist eine zeitnahe und richtige Reaktion gefragt, denn sobald Ihr nach einem erneuten einschalten der Platte das Gefühl habt, das irgendwas komisch oder anders ist ( klickende / klackende Geräusche, rattern oder schleifen ) schaltet sie am besten so schnell wie möglich aus und kontaktiert ein Labor zur Datenrettung. Je früher ihr das tut und je weniger ihr die Platte somit einschaltet, desto größer ist die Chance dass ihr auch das zurück erhaltet was ihr auch wirklich zurückbenötigt.

Aber woran erkenne ich ein gutes Labor ?

Wenn ihr Euch bis zu diesem Punkt dieses Beitrags durchgekämpft habt, dann ist hoffentlich deutlich geworden, dass die Angabe einer "Erfolgsquote" völliger Blödsinn ist. Wenn wir für Dich den Windows Ordner Deiner defekten Festplatte retten können, dann ist das für uns als Labor ein Erfolg, da der Rest jedoch nicht rettbar ist, ist es für Dich als Kunde ein gewaltiger Misserfolg.

Die "Erfolgsquote" ist somit nichts anderes als ein Marketingmerkmal ohne Wert und wenn Du auf ein Labor triffst, was sich häufig auf diesen Punkt beruft, dann weißt Du nun, dass es nicht zwingend kundenorientiert tickt und es gibt in unserer Branche leider mehr als ein Unternehmen, was sich nicht zum Ziel gesetzt hat Deine Daten auch wirklich retten zu wollen, sondern welche es sich zum Ziel gesetzt haben Dich zur Zustimmung eines Versuchs zu überzeugen, obwohl sie bereits bei der Untersuchung Deiner Platte (sofern diese überhaupt erfolgt ist) bereits wissen dass die Chance nur sehr gering ist.

Berechnet wird dann der Versuch mit 400,- EUR + x, die Platte zeigt keinerlei Öffnungsspuren und Du darfst trotzdem zahlen, weil Du das Kleingedruckte in den AGB nicht gelesen hast.
Gute Datenrettungslabore sagen Dir ganz klar was geht und was nicht, sie versprechen Dir nichts und sie versuchen auch nicht Dich zu beeinflussen, sie informieren Dich lediglich möglichst objektiv darüber ob es, im Verhältnis zur Schwere des Schadens, sinnvoll ist einen Versuch zu starten - exakt daran kannst Du sie erkennen. Der Rest ist Equipment / Know How und Erfahrung.

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